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Erstes Treffen des Bürgerrates im "Forum gegen Fakes" im Kronprinzenpalais in Berlin am 16. März 2024: Gruppenbild der Teilnehmer:innen.

Evaluationsbericht veröffentlicht: Bürgerrat „Forum gegen Fakes“ überzeugt nicht nur mit Innovation, sondern auch mit Qualität und Anschlussfähigkeit

Wie gelingt demokratische Teilhabe im digitalen Zeitalter? Welche Formate bringen möglichst viele Menschen wirksam ins Gespräch über gesellschaftlich zentrale Themen – etwa den Umgang mit Desinformation? Antworten auf diese Fragen liefert der nun veröffentlichte Evaluationsbericht zum Projekt „Forum gegen Fakes – Gemeinsam für eine starke Demokratie“ der Bertelsmann Stiftung.

Die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung durch die Universität Stuttgart zeigt: Das „Forum gegen Fakes“ war nicht nur ein Beteiligungsexperiment mit hoher Reichweite, sondern auch ein innovatives Format mit nachweislich hoher Qualität – und Wirkung. Die Evaluation belegt eindrücklich, dass Bürgerräte und Online-Beteiligung gemeinsam einen demokratischen Mehrwert schaffen können, wenn sie gut gestaltet und sinnvoll miteinander verbunden werden.

Ein hybrider Beteiligungsansatz mit Vorbildcharakter

Das Projekt setzte auf ein neuartiges Zusammenspiel von klassischem Bürgerrat und begleitend eine breite, mehrstufige Online-Beteiligung. Über 400.000 Menschen beteiligten sich online mit Ideen und Feedback, während 120 zufällig ausgewählte Bürger:innen im Bürgerrat gemeinsam fundierte Empfehlungen erarbeiteten. Die Online-Beiträge flossen systematisch in die Arbeit des Bürgerrats ein – ein Verfahren, das eine breite gesellschaftliche Debatte mit deliberativer Tiefe verband.

Ablauf Bürgerrat

Die Evaluation zeigt, dass die Beteiligten den Ansatz positiv bewerteten: 85 % der Bürger:innen aus dem Bürgerrat waren mit den erarbeiteten Empfehlungen zufrieden, und sowohl Stakeholder aus Politik und Zivilgesellschaft als auch die Teilnehmenden bescheinigten dem Prozess eine hohe Qualität. Besonders geschätzt wurde die Vielfalt der Perspektiven und die Möglichkeit, sich fundiert mit Expert:innen auszutauschen.

Demokratische Teilhabe braucht Qualität – und sie wirkt

Die Ergebnisse des Evaluationsberichts zeigen, dass der Bürgerrat vielfältig, inklusiv und fair besetzt war – insbesondere im Hinblick auf Bildungs- und Einkommenshintergründe. Politisch weniger aktive Gruppen konnten ebenso erreicht werden wie stark Interessierte. Fast alle Teilnehmenden gaben an, sich aus Interesse am Thema Desinformation, aber auch aus dem Wunsch nach politischer Wirksamkeit beteiligt zu haben.

Auch methodisch setzte das Projekt Maßstäbe: Die Diskussionen im Bürgerrat waren sachlich, respektvoll und lösungsorientiert. Besonders die moderierten Kleingruppen und die Einbindung von Expert:innen trugen zur hohen Deliberationsqualität bei. Die durchgeführten Befragungen und qualitativen Interviews zeigen außerdem: Die Teilnahme am Bürgerrat verändert das Demokratieverständnis. Je mehr Bürgerinnen und Bürger direkt beteiligt werden, desto stärker möchten sie bestehende repräsentative Institutionen mit Bürgerräten kombinieren, um die Vorteile beider Systeme zu maximieren.

Anschlussfähige Empfehlungen mit Wirkungspotenzial

Im Ergebnis überreichte der Bürgerrat der Bundesinnenministerin ein Bürgergutachten mit 15 Empfehlungen und 28 konkreten Maßnahmen zum Umgang mit Desinformation. Themen waren u. a. Medienbildung, digitale Plattformregulierung und staatliche Transparenzpflichten. Die Empfehlungen stießen auf breite mediale und politische Resonanz – auch weil sie von einer großen Beteiligungsbasis getragen wurden.

„Mehr als die Hälfte der an der Abschlussveranstaltung teilnehmenden Stakeholder:innen waren „zuversichtlich“ oder „sehr zuversichtlich“, dass die Handlungsempfehlungen des „Forum gegen Fakes“ von Politik oder anderen Akteuren aus Medien, Wirtschaft und Zivilgesellschaft umgesetzt werden. Nur neun Stakeholder hielten dies für „gar nicht“ bzw. „wenig wahrscheinlich“.“

So fanden drei Vorschläge aus dem Bürgergutachten Widerhall im Koalitionsvertrag, darunter Maßnahmen gegen Desinformation, Hass und Hetze sowie der Vorschlag eines Verbots von Bots und Fake-Accounts. Online-Plattformen sollen transparenter gegenüber Behörden agieren, eine verschärfte Haftung wird geprüft. Das BMI nutzt die Empfehlungen zudem für die Entwicklung einer neuen Strategie der Bundesregierung zum Umgang mit Desinformation. Ein Monitoring-Instrument zur Dokumentation des Fortschritts der Umsetzung der Bürgerempfehlungen ist in Arbeit, für 2025 ist eine Feedback-Veranstaltung mit Bürgerinnen und Bürgern geplant.

Zugriffszahlen Social Media

Die Evaluation verdeutlicht: Bürgerräte haben nicht nur Nachrichtenwert, sondern die Kombination eines breiten Diskurses mit der Erarbeitung von konkreten Lösungsvorschlägen macht die Umsetzung von Bürgervorschlägen wahrscheinlicher.

Den vollständigen Evaluationsbericht können Sie hier herunterladen: Evaluationsbericht.