Was ist Desinformation?
Desinformation ist gezielte Falschinformation, die verbreitet wird, um Menschen zu manipulieren. Ziel ist es, öffentliche Debatten zu beeinflussen, die Gesellschaft zu spalten sowie den Zusammenhalt und die Demokratie zu schwächen. Im Gegensatz dazu sind Fehlinformationen solche, die unabsichtlich mit falschem Inhalt verbreitet werden und keinen manipulativen Hintergrund haben. Desinformationen sind also weder Fehler oder Irrtümer noch Satire oder Parodien.
Besonders problematisch sind sogenannte Desinformationskampagnen. Mehrere Akteure platzieren und verbreiten abgesprochen die gleiche Falschinformation. Mit technischen Hilfsmitteln kann bei diesen Kampagnen zusätzlich künstlich Reichweite erzeugt und Glaubwürdigkeit vorgetäuscht werden. So werden z. B. Websites von Zeitungen unrechtmäßig kopiert, Fake Accounts in Sozialen Medien erstellt und Bots für die künstliche Verbreitung der Inhalte genutzt.
Begriffe: Desinformation statt „Fake News“
Der Begriff „Desinformation“ setzt sich bewusst von der umgangssprachlichen Bezeichnung „Fake News“ ab. Zwar wird der Begriff oft mit Falschinformationen gleichgesetzt, er wurde jedoch vor allem durch den ehemaligen US-Präsidenten Trump genutzt, um politische Gegenstimmen oder „unliebsamen“ Qualitätsjournalismus anzugreifen. „Fake News“ ist somit ein politischer Kampfbegriff.
Um der Komplexität des Problems sowie den verschiedenen Formen der Verbreitung falscher oder manipulierter Informationen gerecht zu werden, hat sich der Begriff „Desinformation“ in der Wissenschaft, Forschung und Politik etabliert.
Desinformation – Ein Mittel zur gezielten Einflussnahme
Besonders problematisch für unsere Demokratie ist es, wenn dieser und den im Grundgesetz verankerten Werten mittels gezielter Falschinformationen absichtlich auf manipulative Art und Weise Schaden zugefügt werden soll. Eine solch vorsätzliche Täuschung geht von einer Vielzahl von Akteuren aus, häufig von fremden Staaten, die damit ihre eigenen Interessen verfolgen. Der Hintergrund ist meist, die eigene politische Stärke hervorheben zu wollen, den Rückhalt der eigenen Bevölkerung zu erhalten oder bestimmte politische Handlungen zu legitimieren.
So versuchen fremde Staaten beispielsweise, das Vertrauen der Menschen in unsere staatlichen Institutionen zu erschüttern und eine Spaltung der Gesellschaft oder Schwächung des Vertrauens in die Rechtsstaatlichkeit, in gewählte Institutionen oder Medien zu erzeugen. Dies birgt die Gefahr, dass demokratische Werte untergraben werden.
Ein Spannungsfeld: Meinungsfreiheit oder schädigendes Verhalten
Unsere Demokratie lebt von einem freiheitlichen und pluralistischen Diskurs, der Rede- und Meinungsfreiheit nicht nur zulässt, sondern sie besonders schützt. Das Internet hat diesen Diskurs in den vergangenen Jahrzehnten weiter liberalisiert und für Menschen weltweit weiter geöffnet. Meinungsfreiheit ist ein grundgesetzlich garantierter Bestandteil unserer Demokratie. Doch was passiert, wenn nicht mehr zwischen belegbaren Fakten und manipulierten Informationen unterschieden werden kann?
Wenn das Vertrauen in Fakten, in die Medien und in den Staat und seine Institutionen schwindet, ist der Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet. Schwierig und sogar gefährlich wird es nämlich, sobald faktenbasierte Informationen absichtlich manipuliert werden. Denn dadurch können nicht nur einzelne Menschen, sondern auch ganze Gruppen oder gar Staaten Schaden nehmen.
Manipulation im Internet
In vielen Fällen führt Desinformation zu Spaltung oder gar Hass und Hetze. Das spaltet ganze Familien. Risse in unserer Gesellschaft sind nicht erst seit der Corona-Pandemie oder dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu spüren. Vor allem lösen aktuell im Kontext des Krieges im Nahen Osten manipulierte Inhalte, falsche Behauptungen oder aus dem Kontext gerissene Bilder oder Videos große Verunsicherungen aus.
Auch sicherheitspolitisch werden Desinformation und andere Formen von Fakes zu einer wachsenden Gefahr. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz ist es mittlerweile ohne große Hürden möglich, gefälschte Ton-, Bild- und Videoaufzeichnungen (sogenannte Audio-Fakes oder Deepfakes) zu erstellen und beispielsweise Politikerinnen und Politiker Dinge sagen zu lassen, die sie so nie ausgesprochen haben. Eine politische, wirtschaftliche und soziale Instabilität kann dann entstehen, wenn fremde Staaten mit manipulierten Informationen auf unseren gesellschaftlichen Diskurs einwirken. Durch Künstliche Intelligenz und Soziale Medien verbreiten sich Falschinformationen teilweise wie Lauffeuer – und können in kürzester Zeit eine Vielzahl von Menschen erreichen oder sogar mobilisieren.
Desinformation und Fakes – ein alter Hut
Die Schnelligkeit und die technischen Möglichkeiten zur Streuung der manipulierten Informationen sind ein modernes Phänomen. Desinformation selbst aber nicht, wie ein Blick in die Geschichte zeigt: Schon der ägyptische Pharao Ramses II berichtete beispielsweise trotz Niederlage vom Sieg seines Feldzugs, um an der Macht zu bleiben – Desinformation ist so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst. Hatte früher nur ein Teil der Bevölkerung die Hoheit darüber, welche Informationen verbreitet werden, kann heute jede und jeder Fakes per Knopfdruck erstellen oder teilen. Daher gibt es heutzutage sehr viel mehr absichtlich verbreitete Falschinformationen als früher.
Was ist Desinformation – und was nicht?
Fragen und Antworten
Desinformation kann verschiedene Formen annehmen. Hier findest du eine Auswahl:
Dekontextualisierung
Desinformation kann ein wahres Zitat, können echte Bilder oder Videos sein, die aber bewusst aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgenommen und absichtlich in einen anderen Kontext gesetzt worden sind. Sprich, es sind korrekte Informationen, die mit einer täuschenden Absicht in einen anderen Zusammenhang gesetzt werden. Diese Form der Desinformation ist sehr schwierig zu erkennen, da lediglich der Zusammenhang, nicht der Inhalt falsch ist.
Fakes
Mit Hilfe generativer Künstlicher Intelligenz ist es mittels bestimmter Programme und Apps teilweise ohne große Hürden möglich, gefälschte Ton-, Bild- und Videoaufzeichnungen (sogenannte Deepfakes) zu erstellen, die täuschend echt wirken. So kann man beispielsweise Politikerinnen und Politiker Dinge sagen lassen, die sie so nie ausgesprochen haben oder auf einem Bild dem Papst eine weiße Daunenjacke und Sonnenbrille anziehen, obwohl ein solches Foto nie aufgenommen wurde. Die Qualität dieser Fakes steigt stetig, sodass sie nicht gleich als Fälschung erkannt werden und dadurch als „echt“ wahrgenommen werden können.
Diese Form der Desinformation stellt sich auch als Fälschung bekannter Nachrichtenportale dar. Meist nur temporär erreichbare Internetseiten verwenden dasselbe Erscheinungsbild wie authentische Quellen, z. B. bekannte Zeitungen oder Magazine, und verbreiten hierüber gezielt Artikel mit falschen Inhalten oder manipulierten Aspekten eines tatsächlichen Nachrichtenereignisses. Mit teils drastischen Formulierungen und dramatischen Bildern wirken die erfundenen Inhalte oft glaubhaft und lösen starke Emotionen aus.
Unauthentischer oder irreführender Journalismus
Hier muss in zwei Formen unterschieden werden: Zum einen betrifft das journalistische Inhalte und Portale, die sich bewusst nicht an journalistischen Standards orientieren. Sie halten sich beispielsweise nicht an das Zwei-Quellen-Prinzip, erfinden frei heraus Behauptungen, die nicht überprüfbar sind, oder stellen tatsächliche Ereignisse unter ideologischen Deutungsmustern einseitig dar. Hierbei spielen oftmals ideologisch gefärbte Aussagen eine größere Rolle als Fakten. Da sich diese Medienprodukte nach außen wie professioneller Journalismus verkaufen, ist es schwierig, diese Form der Desinformation zu entlarven.
Hacks
Fremde Staaten nutzen auch Cyberangriffe, um Desinformation zu verbreiten oder Desinformationskampagnen zu verstärken. Dabei werden beispielsweise Konten aus Sozialen Medien übernommen und Daten von Politikerinnen und Politikern gestohlen, um sie zu manipulieren oder im falschen Kontext zu veröffentlichen.
Gefälschte Grafiken und Zahlen
Einen falschen Wahrheitsanspruch können auch gefälschte Zahlen oder Grafiken haben, die über soziale Netzwerke, Telegram-Gruppen, Foren oder eigene Websites verbreitet werden. Diese scheinbar authentischen Darstellungen von Fakten unterstützen das eigene, meist politisch oder ideologisch motivierte Narrativ. Gefälschte Grafiken oder Zahlen tauchen auch im Kontext von irreführenden Werbungen auf, um die öffentliche Meinung oder das (Wahl-)Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern zu beeinflussen.
Über den privaten Austausch unter Freunden, innerhalb der Familie und in anderen Netzwerken spielen Soziale Medien eine große Rolle bei der Verbreitung von Desinformation. Durch das mühelose Teilen auf Social Media-Plattformen oder das ungeprüfte Weiterleiten in Chatgruppen kann die Verbreitung von Desinformation ganz organisch eine Eigendynamik entwickeln. Aber vor allem durch den Einsatz von gefälschten Nutzerkonten oder sogar automatisiert über sogenannte Social Bots, die Inhalte im Netz streuen, kann in kürzester Zeit eine sehr hohe Reichweite auf diversen Plattformen erreicht werden. Oft werden auch Methoden wie Clickbaits, bei der mit reißerischen Überschriften zur Interaktion aufgerufen wird, bei der organisierten und koordinierten Verbreitung von Desinformation eingesetzt.
Hybride Bedrohungen bezeichnen verschiedene Formen illegitimer Einflussnahme auf Staaten durch fremde Staaten. Dabei versuchen diese fremden Staaten durch den koordinierten Einsatz verschiedener Instrumenteihre Ziele gegen die Interessen und Werte anderer Staaten offen oder verdeckt durchzusetzen. Dies kann auch mittels nichtstaatlicher Akteure passieren. Sie beabsichtigen hierbei, andere politische Systeme zu schwächen und zu destabilisieren, Demokratien zu schwächen und Gesellschaften zu spalten. Aus sicherheitspolitischer Sicht ist Desinformation dann den hybriden Bedrohungen zuzuordnen, wenn sie direkt oder indirekt durch fremde Staaten gesteuert wird.
Hybride Bedrohungen betreffen alle politischen und gesellschaftlichen Ebenen. Dabei können verschiedene Mittel kombiniert werden (diplomatische, militärische, wirtschaftliche oder technologische), sodass eine koordinierte Kampagne entsteht. Mitunter ist es schwierig, einzelne Ereignisse als Teil einer größeren Kampagne zu erkennen und so rechtzeitig zu reagieren.
Zu den eingesetzten Instrumenten gehören beispielsweise Desinformation, Cyberangriffe auf staatliche Stellen und Unternehmen, Spionage und Wirtschaftsspionage, Diebstahl von geistigem Eigentum, wirtschaftliche Einflussnahme, z. B. durch Investition in Schlüsselindustrien, Sabotage von Kritischen Infrastrukturen und Einflussnahme auf freie Wahlen. (vgl. www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/wehrhafte-demokratie/abwehr-hybrider-bedrohungen/abwehr-hybrider-bedrohungen-node.html). Bei diesen Ausführungen handelt es sich um eine Charakterisierung hybrider Bedrohungen einschließlich Desinformation.
Manipulierte oder gefälschte Informationen und Bildmaterialien zu erkennen, ist nicht immer leicht. Hier gibt es ein paar Hilfestellungen:
1. Lies den Text genau und überprüfe den Inhalt kritisch: Werden Widersprüche deutlich? Wirkt etwas unstimmig oder übertrieben? Sei vor allem bei einem abfälligen Ton gegenüber Individuen oder Gruppen, unglaubwürdigen Behauptungen oder heftigen Emotionen aufmerksam. Eine gute Bild- und Ton-Qualität deines Gerätes kann helfen, Unstimmigkeiten im Bild oder der Stimme zu offenbaren. Aber auch ein Blick auf die Mimik und Gestik bei Videos enttarnt gegebenenfalls eine Fälschung. Häufig werden gefälschte Informationen mit fehlerhaften Übersetzungen aus anderen Sprachen verbreitet und sind dadurch zu erkennen.
2. Mach einen Faktencheck: Zahlreiche Forschungseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen oder unabhängige Medien greifen kursierende Behauptungen und Annahmen auf und unterziehen sie einer Überprüfung, um über Irrtümer, Falschinformationen und Gerüchte aufzuklären.
3. Überprüfe den Absender: Überprüfe die Quelle bzw. den Absender der Information. Kann diese als glaubwürdig eingeordnet werden? Wird ein Klarname und ein Impressum angegeben oder ein anonymer bzw. kryptisch anmutender Urheber angegeben? Kommt die Meldung tatsächlich von dieser Quelle?
4. Eine Gegenüberprüfung oder Rückwärtssuche kann helfen: Wo taucht diese Information noch im Netz auf und wurde sie von vertrauenswürdigen Medien ebenfalls aufgenommen? Eine Rückwärtssuche des Datums und Uhrzeit der URL der Videos, Bilder oder Texte können Aufschluss auf die Aktualität, den Kontext und Absender geben.
Es gilt also allgemein: Teile keine Inhalte, bei denen du dir unsicher bist und informiere dich über verschiedene, seriöse Quellen. Ein respektvolles Miteinander und wertschätzende Kommunikation sind das A und O im Kampf gegen Desinformation und ihre Folgen.